Österreich erreicht bei der EBSA-Europameisterschaft 2024 in Sarajevo durch Staatsmeister Florian Nüßle den fantastischen dritten Platz, vier der fünf heimischen Teilnehmer qualifizieren sich für die Knock-out-Phase.
184 Teilnehmer groß war das Feld der Anwärter auf den Titel des Snooker-Europameisters. Der Glanz dieser jährlich ausgespielten Trophäe wird ihr nicht zuletzt dadurch verliehen, dass mit ihr ein 2-Jahres-Ticket für die Snooker-Main-Tour vergeben wird.
Für Österreich waren bei der heurigen Auflage gleich fünf Spieler, angeführt vom amtierenden Staatsmeister Florian Nüßle, am Start. Das heimische Quintett komplettierten Thomas Janzso (Vizestaatsmeister 2023), Paul Schopf (Gewinner des Grand-Prix-Saisonauftakts), Oskar Charlesworth (Führender der ASL-AK-Rangliste) und Mario Bodlos (Vierter der Rangliste).
Die Gruppenphase verlief für die österreichische Delegation durchaus positiv, vor allem Paul Schopf und Florian Nüßle konnten mit je drei Siegen alle Spiele gewinnen und somit ungeschlagen in die K.-o.-Phase einziehen. Schopf schaffte mit starken Ergebnissen sogar den direkten Sprung in die Runde der letzten 64 Spieler, während Nüßle aufgrund des Nachteils in der Framedifferenz bereits in der Runde der Letzten 96 antreten musste.
Paul Schopf | Gruppe U 3-0 vs. Tudor Popescu 3-1 vs. Valerio Grandi 3-1 vs. Patrik Tiihonen |
Florian Nüßle | Gruppe F 3-1 vs. Taras Ulianchenko 3-2 vs. Jack Borwick 3-2 vs. Michał Kotiuk |
In die Runde der Letzten 96 qualifizierten sich auch Thomas Janzso und Mario Bodlos, die zwei ihrer drei Gruppenspiele gewinnen konnten, recht souverän.
Thomas Janzso | Gruppe AF 2-3 vs. (NI) Joel Connolly 3-1 vs. Felix Frede 3-0 vs. Cosmin Arsene |
Mario Bodlos | Gruppe AG 3-2 vs. Dorjan Maknori 0-3 vs. Daniel Kandi 3-1 vs. Arturs Kengis |
Einzig Oskar Charlesworth verhalf nach zwei Niederlagen auch ein Sieg im letzten Gruppenspiel nicht zum Aufstieg, und somit war für ihn die EM nach der Gruppenphase zu Ende.
Oskar Charlesworth | Gruppe H 1-3 vs. Robin Otto 2-3 vs. Bulcsú Révész 3-1 vs. Petar Koloski |
Den Auftakt der Knock-out-Phase leiteten aus österreichischer Sicht leider zwei NIederlagen ein, nachdem sich sowohl Thomas Janzso als auch Mario Bodlos ihren Gegnern Andrejs Pripjoks aus Lettland und Alexis Callewaert aus Frankreich jeweils mit 0:4 geschlagen geben mussten.
Thomas Janzso | 0-4 | vs. Andrejs Pripjoks | Last 96 |
Mario Bodlos | 0-4 | vs. Alexis Callewaert | Last 96 |
Florian Nüßle sorgte dann aber ebenso deutlich für das erste österreichische Erfolgserlebnis nach der Gruppenphase und setzte sich gegen seinen erst 13-jährigen serbischen Gegner Tadija Matijasevic mit 4:0 durch.
Florian Nüßle | 4-0 | vs. Tadija Matijasevic | Last 96 |
Somit kam es in der Runde der Letzten 64, entsprechend der Setzung nach der Gruppenphase, zum Aufeinandertreffen der beiden verbliebenen Österreicher Paul Schopf und Florian Nüßle. Was einerseits bedeutete, dass Österreich somit im Sechzehntelfinale vertreten sein würde, war andererseits als äußerst unglücklich anzusehen, da sowohl Schopf als auch Nüssle klare Ambitionen darüber hinaus hatten. Der siebenfache Staatsmeister aus Salzburg zog schließlich klar mit 4:0 in die nächste Runde ein, und für Paul Schopf blieb somit der geteilte 33. Platz.
Dass sich Florian Nüßle, dessen Siege in der Gruppenphase – im Gegensatz zu den ersten beiden K.-o.-Runden – alle mit Frameverlusten einhergingen, bereits mitten in einer beeindruckenden Siegesserie befand, wurde nun von Runde zu Runde immer deutlicher. Zwar musste er von nun an wieder Frameverluste hinnehmen, behielt aber gegen Ex-Profi Peter Lines (4:1), Frankreichs Nachwuchstalent Brian Ochoiski (4:2) und Robin Hull (4:2), einen weiteren ehemaligen Main-Tour-Spieler aus Finnland, jeweils souverän die Oberhand und stand nach einem furiosen vorletzten Spieltag somit im Halbfinale der heurigen europäischen Titelkämpfe. Dort wartete der nordirische Youngster Robbie McGuigan auf ihn, der im Viertelfinale den ukrainischen Ex-Profi Iulian Boiko, einen guten Freund Nüßles, im Decider 4:3 besiegte. Generell gewann der Nordire bis auf sein Last-64-Match alle Partien im Decider, so auch jene gegen den 22-jährigen Österreicher.
Als McGuigan beim Stand von 3:2 aus seiner Sicht bereits einen mentalen Vorteil genießen durfte, kam Nüßle mit seinem höchsten Turnierbreak von 110 zurück in die Partie und forderte McGuigan nun abermals im Decider. Dass dieser gute Nerven für ebensolche Entscheidungsframes haben dürfte, zeigte er abermals mit einem entscheidenden Break von 71 Punkten, das den Einzug ins Finale sicherte.
Florian Nüßle | 4-0 | vs. Paul Schopf | Last 64 |
4-1 | vs. Peter Lines | Last 32 | |
4-2 | vs. Brian Ochoiski | Last 16 | |
4-2 | vs. Robin Hull | Last 8 | |
3-4 | vs. (NI) Robbie McGuigan | Last 4 |
In diesem wartete bereits Craig Steadman (41), ein weiterer Spieler mit reichlich Main-Tour-Erfahrung und gern gesehener Gast beim jährlich ausgetragenen und unter Profis sehr beliebten Vienna Snooker Open, auf den nicht einmal halb so erfahrenen Nordiren (19). Und sosehr Erfahrung gerade im Billardsport den Unterschied machen kann, so sehr können der Hunger und die Euphorie eines aufstrebenden Youngsters diese scheinbar auch oft genug wettmachen, und so musste auch Steadman anerkennen, dass er in Robbie McGuigan diesmal einem Gegner mit Nerven aus Stahl gegenüberstand. Der Nordire – wie sollte es anders sein? – gewann auch das dramatische Finale im Decider und stand somit nach einem 5:4-Erfolg über Steadman als verdienter European Snooker Champion 2024 fest. Herzliche Gratulation!
Aus heimischer Sicht freut sich der ÖSBV über die vielen positiven Ergebnisse der fünf heimischen Vertreter und die somit erfreuliche Repräsentation der österreichischen Snookerszene. Durch die Podestplatzierung von Florian Nüßle, des U21-Amateurweltmeisters von 2021, ist neben der tollen individuellen Leistung auch die hervorragende nationale Entwicklung ausgezeichnet, und so freut sich der ÖSBV auf weitere erfreuliche internationale Ergebnisse, auch und umso mehr, wenn diese bedeuten würden, dass der ÖSBV erstmals seit Beginn seines Bestehens einen heimischen Spieler, dann aber unter Tränen größter Freude, an die Profitour „verliert“.
Foto: @ Louisa Wörthmüller